Wissenschaftliche Jahrestagung des Vereins für Naturkunde in Osthessen (VNO) am 7.11.21

Nachdem die Wissenschaftliche Jahrestagung im letzten Jahr pandemiebedingt abgesagt werden musste, konnte sie Anfang November im Kanzlerpalais unter Einhaltung entsprechender Regeln abgehalten werden. Nach der Begrüßung durch Elmar Kramm, Vorsitzender des VNO, begann die diesjährige Veranstaltung, die einen botanischen Schwerpunkt aufwies, mit einem Vortrag von Nils Stanik (M.Sc., Universität Kassel) zum „Einfluss vergangener und zukünftiger Umweltveränderungen auf Arnika, Borstgrasrasen und Co“. Ausgehend von der Grünlandkarte von Speidel (1970/72), die allein schon durch ihre Vielfarbigkeit auf die damalige Vielfalt an Berggrünland hindeutet, ging der Referent ausführlich auf den heute zu beobachtenden starken Verlust der Arten- und Lebensraumvielfalt von montanen Borstgrasrasen aufgrund multipler Faktoren ein.  
Zu diesen Faktoren, die unter anderem zum Rückgang der Arnika beitragen, zählen Habitatflächenverluste, Veränderungen in der Bodenchemie, Einflüsse des Pflegemanagements, rezente und zukünftige Klimaveränderungen, aber auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. Auf frühere Forschungen bezugnehmend zeigt sich, dass sich die Umwelt- und Standortbedingungen verändert haben. So sei laut Stanik die Moosbedeckung vielerorts stark angestiegen, was zu einer veränderten Vegetationsstruktur führe und Veränderungen in der Artenzusammensetzung bedinge. Charakterarten der Borstgrasrasen, wie Arnika, haben stark abgenommen, typische Grünlandarten und Brachezeiger dagegen nehmen verstärkt zu.  Zu diesen Faktoren, die unter anderem zum Rückgang der Arnika beitragen, zählen Habitatflächenverluste, Veränderungen in der Bodenchemie, Einflüsse des Pflegemanagements, rezente und zukünftige Klimaveränderungen, aber auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. Auf frühere Forschungen bezugnehmend zeigt sich, dass sich die Umwelt- und Standortbedingungen verändert haben. So sei laut Stanik die Moosbedeckung vielerorts stark angestiegen, was zu einer veränderten Vegetationsstruktur führe und Veränderungen in der Artenzusammensetzung bedinge. Charakterarten der Borstgrasrasen, wie Arnika, haben stark abgenommen, typische Grünlandarten und Brachezeiger dagegen nehmen verstärkt zu.  Gebietsübergreifende Eutrophierung, zurückgehende Versauerung der Standorte und ein nicht adäquates Management weisen nicht nur in der Rhön, sondern auch im Schwarzwald und anderen Gebieten dieselbe Entwicklung auf.
Was den Faktor Temperatur betrifft, so kann diesbezüglich in der Rhön von 1890 bis heute eine Zunahme um 2,1° C verzeichnet werden. Dies hat eine Verlängerung der Vegetationsperiode um 34 Tage zur Folge (bis 2010), was wiederum unter anderem das Wachstum von Moosen begünstigt. Ähnliche Veränderungen zeigen sich bei den Niederschlägen.
    

Insgesamt führt der Klimawandel zu einem deutlichen Rückgang montan verbreiteter Arten (wie Arnika und Trollblume), zu einer Ausbreitung von Generalisten und wärmeliebenden Arten sowie zu einer Verschiebung phänologischer Entwicklungsphasen.  

Im zweiten Teil seines Vortrags ging Stanik auf die Auswirkungen für die Bestände der Arnika in verschiedenen Höhenlagen der Rhön ein. Anhand unterschiedlicher Parameter wurde die Fitness dieser Art untersucht. Es lässt sich erkennen, dass die Arnika in tieferen Lagen sehr stark gefährdet ist, während es ihr in den Hochlagen der Wasserkuppe am besten geht. Daher appelliert der Referent an eine besondere Schutzverantwortung für diese Hochlagen-Vorkommen. Die Ergebnisse der Untersuchungen verdeutlichen zudem, dass das bisherige Maßnahmen- und Handlungsspektrum limitiert und nicht optimal ist. Eine Erweiterung des Spektrums sowie ein vorausschauendes proaktives Handeln sind nach Stanik somit dringend erforderlich, um die Flächen auf der Wasserkuppe langfristig erhalten zu können.

Uta Engel (Dipl. Ing. Landschaftsplanung, Eichhof Bad Hersfeld) befasste sich in ihrem Vortrag mit „Grünlandveränderungen in Osthessen“. Eine traditionelle Nutzung von Grünland begann generell erst ab dem 17. Jahrhundert. Lange Zeit warf Grünland nur einen geringen Ertrag ab, wies aber eine vielfältige Artenzusammensetzung auf und war dabei sehr krautreich. Durch die Anwendung von Düngemitteln ging die Artenvielfalt jedoch zurück und die Vegetationsstruktur veränderte sich. Neben der Düngung führten Aufforstung und Brachfallen von Grünlandbereichen zu einem weiteren Artenrückgang. Von aktuell 300.000 Hektar Grünland – das sind ca. 14% der hessischen Landesfläche – werden 90%  intensiv genutzt. Nur 10%  machen naturschutzrelevantes Grünland aus, stellen also artenreiche Bereiche dar. Diese zeichnen sich durch das Vorkommen von Magerkeitszeigern, niedrigem und schütterem Aufwuchs sowie einem Reichtum an Untergräsern aus. Zu diesen Grünlandbereichen zählen Glatthafer- und Goldhaferwiesen, wobei letztere deutlich geringer verbreitet sind. Ab dem 1.3.2022 werden die beiden Wiesentypen als geschützte Lebensräume geführt. Mit zahlreichen Fotos stellte Engel charakteristische Pflanzenarten dieser Bereiche vor. Borstgrasrasen, die in der Rhön etwa 190 Hektar ausmachen wurden ebenfalls mit typischen Pflanzenvertretern präsentiert. Auch hier haben Düngung, Aufforstung und Verbrachung einen Rückgang der Flächen verursacht. Die meisten noch vorhandenen Restbestände liegen in Schutzgebieten. Ferner wurden die Kalk-Halbtrockenrasen als gefährdete Areale vorgestellt.
Nach der Vorstellung der genannten Grünlandbereiche, ging Engel sehr ausführlich und vergleichend auf verschiedene Grünlandkartierungen ein, die in der Rhön bis in die 60iger und im Vogelsberg bis in die 50iger Jahre zurückreichen. Von 1992-2006 fand die hessische Biotopkartierung statt, eine landesweit durchgeführte selektive Biotopkartierung von über 200.000 Biotopen, also ca. 5% der Landesfläche, die aus Naturschutzsicht erhalten werden sollen. Die hierbei erzielten Ergebnisse dienen noch heute als Grundlage. Die Grunddatenerhebung (GDE) in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten erfolgte von 2000-2012. Dabei wurden in Hessen 583 FFH-Gebiete ausgewiesen. Bei der Hessischen Lebensraum- und Biotopkartierung (HLBK, ab 2018) handelt es sich ebenfalls um eine selektive Kartierung der für den Naturschutz wertvollen Gebiete. Anhand von ausgewählten Beispielen lässt sich in der Rhön und im Vogelberg insgesamt ein starker Rückgang von bestimmten Grünlandflächen seit den 90iger Jahren feststellen.
In einem weiteren Vortrag, der online stattfand, referierte Marco Klüber (Würzburg) über Klimaeinflüsse auf die Pflanzenwelt, insbesondere auf die Orchideenflora. Durch zunächst zufällig beobachtete Verschiebungen von Blühzeiten, wie beispielsweise von Küchenschelle und Adonisröschen, die nicht mehr zeitlich versetzt, sondern nahezu zeitgleich zur Blüte gelangten, wurde der Referent schon vor Jahren dazu angeregt, sich intensiver mit dem Klimaeinfluss auf Pflanzen zu befassen. Am Beispiel einzelner Orchideenarten verdeutlichte er die Veränderungen ihrer Vorkommen, die sich in kurzer Zeit vollzogen haben sowie der unterschiedlichen Entwicklungstendenzen, die dabei auftreten können. So gibt es Orchideen, deren Bestände wegen der zunehmenden Erwärmung vielfach schon weitgehend erloschen sind, wie z.B. beim Purpur-Knabenkraut. Andere Arten weichen in schattigere oder höher gelegene Areale aus, um den an ihren ursprünglichen Wuchsorten mittlerweile zu heißen und zu trockenen Bedingungen zu entgehen. Dies gilt beispielsweise für das Helm-Knabenkraut. In diesem Zusammenhang ist auch das Manns-Knabenkraut zu nennen. Die in den 90iger Jahren üppigen Bestände dieser Art sind gegenwärtig nicht mehr so häufig in Kalkmagerrasen anzutreffen. Vielmehr verlagern sich ihre Wuchsorte verstärkt in schattigere Bereiche lichter Wälder oder an Waldränder. Da zudem die Waldbestände gefährdet sind, gehören auch die dort gedeihenden Orchideen, wie die Korallenwurz, die Schmallippige und Kleinblättrige Stendelwurz zu den Verlierern dieser Entwicklung. Dies betrifft ferner das Kriechende Netzblatt, Orchidee des Jahres 2021, die sich in Nadelwäldern auf Moospolstern entwickelt. Vor allem die trockenen und heißen Sommer machen dieser Art sehr zu schaffen. Auf den Hochlagen der Rhön gerät die Grüne Hohlzunge stark unter Druck. Für diese Orchidee liegen nach Klüber keine aktuellen Fundmeldungen mehr für die Rhön vor.                                                                                                                              
Bocks-Riemenzunge (rechts) und Ohnsporn – wie hier in Mainfranken – gehören zu den Gewinnern der durch klimatische Veränderungen induzierten Entwicklungen 
(Foto: Marco Klüber)
Neben solchen Verlieren gibt es eine Reihe von Gewinnern. Hierzu zählt die Bocks-Riemenzunge, die bis vor wenigen Jahren in der hessischen Rhön nicht vorkam, sich heute hier aber auf einigen Standorten erfolgreich ansiedeln konnte und zunehmend ausbreitet. Auch die früher in der Rhön ausgesprochen seltene Pyramidenorchis hat in der hessischen Rhön in ihrem Vorkommen zugenommen. Dies gilt ferner für die Spinnen- und Hummel-Ragwurz, die ebenfalls von warmen Klimaeinflüssen profitieren. So ist die Großen Spinnen-Ragwurz in Mainfranken bereits als die häufigste Ragwurz-Art anzusehen, die Bienen-Ragwurz dagegen befindet sich deutlich auf dem Rückzug.         
Darüber hinaus bieten solche Veränderungen gute Voraussetzungen für die Ansiedlung von Neubürgern, so genannten Neophyten, die aus anderen Florengebieten einwandern können.      
Von Mainfranken, dem Taubertal, der Rhön bis nach Skandinavien, insbesondere Schweden, spannte Klüber den Bogen seiner Beobachtungen und erläuterte diese anhand einer Vielzahl beeindruckender Fotos.


Ute Lange


Gruppenbild der Referenten,
in der Mitte VNO-Vorsitzender E. Kramm

 

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